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Deutsche Kolonien
Deutsche Kolonien waren Gebiete, die das Deutsche Kaiserreich außerhalb Europas besaß. Die größten lagen in Afrika, einige kleinere auch in Asien und Ozeanien. Die Deutschen nannten ihre Kolonien „Schutzgebiete“. Damit war gemeint, dass die deutsche Armee dort deutsche Kaufleute und ihre Schiffe beschützte. Damit wollte der Regierungsschef Bismarck den deutschen Kolonialismus auch beschönigen, denn das Wort Kolonie hatte schon damals einen schlechten Klang.
Vor dem Ersten Weltkrieg war das deutsche Kolonialreich das drittgrößte der Welt, nach dem britischen und dem französischen Kolonialreich. Allerdings wohnten in den deutschen Kolonien weniger Menschen als im Kolonialreich der Niederlande. Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland alle seine Kolonien an andere Mächte abgeben. Einige wurden aber schon früher aufgegeben, weil es sich nicht mehr rechnete. Einige wurden auch im Krieg von anderen Ländern besetzt.
Heutige Wissenschaftler denken sehr schlecht über die deutsche Kolonialzeit. Die Einheimischen wurden von den Deutschen als Menschen zweiter Klasse behandelt. Auch begingen die Deutschen an ihnen viele Verbrechen. Besonders bekannt ist der Völkermord an den Herero und Nama, zwei Völkern aus dem heutigen Namibia.
Gab es schon vor der Kaiserzeit deutsche Kolonien?
Schon lange vor der Gründung des Kaiserreichs hatten deutsche Fürsten und Kaufleute Kolonien gegründet. Als erste deutsche Kolonie könnte man das Gebiet „Klein-Venedig“ im heutigen Venezuela bezeichnen. Kaiser Karl der Fünfte schuldete der Augsburger Adelsfamilie Welser Geld, das er sich für einen Krieg geliehen hatte. Um die Schuld zu begleichen, verpfändete er ihnen in einem Vertrag ein großes Stück Land in Südamerika.
Die Welser verdienten ihr Geld hauptsächlich mit dem Verkauf von Indianer-Sklaven, die sie auf brutale Weise einfingen. Der Vertrag wurde 1546 aufgekündigt, weil es den Welsern nicht gelang, eine funktionierende Kolonie aufzubauen.
Später gehörte Preußen von 1683 bis 1717 mal ein kleiner Abschnitt an der Küste von Ghana. Dort wurde eine Festung errichtet, die noch heute besichtigt werden kann.
Wie kam Deutschland zu seinen Kolonien?
In der Zeit des Kaiserreichs wollten viele Deutsche auch Kolonien haben. Bismarck war zunächst dagegen, weil ihm Kolonien zu teuer waren. Doch im Jahr 1878 änderte er diese Meinung. Warum er das machte, können die Wissenschaftler heute nicht genau sagen.
Als erstes wurde der Inselstaat Samoa zu einer deutschen Kolonie. In den Jahren danach sicherte sich Deutschland große Gebiete in Afrika, für die sich die anderen Kolonialmächte bis dahin nicht interessierten. Das waren vor allem die heutigen Länder Togo, Namibia, Kamerun, Ruanda, Burundi und Tansania. In Asien und Ozeanien kamen noch Palau, Teile Papua-Neuguineas und andere kleine Gebiete dazu.
Um die Gebiete in Besitz zu nehmen, wurde oft ein Vertrag mit einem einheimischen Häuptling geschlossen. Die Deutschen gaben ihm Geld, Schmuck oder Waffen und versprachen, dass deutsches Militär die Eingeborenen beschützen würde.
Dabei haben die Deutschen auch unfair getrickst: Der Kaufmann Adolf Lüderitz kaufte in Namibia Land in Quadratmeilen. Der Häuptling dachte dabei an englische Meilen. Lüderitz meinte jedoch deutsche Meilen, was er aber nicht sagte. Rechnet man eine englische Meile in heutige Meter um, sind das 1.600 Meter. Eine deutsche Meile aber ist 7.500 Meter lang.
Im Jahr 1898 schloß das Deutsche Reich einen Vertrag mit China. Es pachtete für 99 Jahre das Gebiet um die Stadt Tsingtau. Die Deutschen errichteten dort das Pachtgebiet Kiautschou. Damit wollten sie mit den Briten gleichziehen, die in China die Kolonie Hongkong hatten.
Was machten die Deutschen in ihren Kolonien?
Die Deutschen errichteten an den Küsten kleine Städte, um Handel zu treiben. Im Landesinneren bauten sie Rohstoffe ab, die dann über die Häfen mit Schiffen nach Deutschland gebracht wurden. Dazu gehörte Dinge wie Kautschuk, Baumwolle, Palmöl, Kakao, Kaffee und Bananen. Man suchte auch nach Diamanten und anderen Edelsteinen.
In den Kolonien lebten nur wenige deutsche Siedler und andere Europäer. Die Einheimischen waren viel mehr Menschen, sie hatten aber kaum Rechte. Sie waren keine deutschen Staatsbürger, sondern galten dem Reich als Untertanen. Darum konnten sie auch nicht mitbestimmen, was in der Politik passiert. Manche Einheimische wurden zu Sklaven gemacht, die mit Gewalt dazu gezwungen wurden, den Deutschen beim Abbau und Transport der Rohstoffe zu helfen.
Die Deutschen betrachteten die Einheimischen als unwissende Kinder, die man belehren und erziehen muss. Missionare sollten sie zu Christen machen. In Schulen lernten sie die deutsche Sprache sowie die Kultur und Sitten kennen. Es bestand jedoch keine Schulpflicht. Die Deutschen wollten nämlich nicht, dass die Einheimischen allzu gebildet werden und sich schließlich nicht mehr so gut unterdrücken lassen.
Im Jahr 1904 wehrten sich in Namibia die Einheimischen aus den Völkern Herero und Nama gegen die Deutschen Siedler, die ihnen ihr Land wegnahmen. Deutschland schickte Soldaten, um den Aufstand mit Gewalt niederzuschlagen. Die Soldaten brachten mehr als die Hälfte der Herero und Nama um. Viele flohen in die Wüste, wo sie verdursteten. Heute weiß man, dass dies ein Völkermord war, so wie später der Holocaust. Es gab damals auch schon Konzentrationslager.
Was sieht man heute von Deutschland in den ehemaligen Kolonien?
In den ehemaligen Deutschen Kolonien leben heute nur noch sehr wenige Nachkommen der deutschen Siedler. In Namibia zum Beispiel sind es weniger als einer von hundert. Sie sind dann jedoch oft wohlhabend und haben hohe Positionen in der Wirtschaft. In keinem der heutigen Länder ist Deutsch noch eine wichtige Sprache. Sie wurde dort nach dem Ersten Weltkrieg meist von Französisch oder Englisch verdrängt.
Das frühere Tsingtau heißt heute Qingdao und ist eine chinesische Millionenstadt. Die von den Deutschen gegründete Tsingtao-Brauerei ist heute die größte Bier-Brauerei Chinas. Der höchste Gipfel des Kilimandscharos in Tansania hieß noch bis 1964 Kaiser-Wilhelm-Spitze.